Auch Pflanzen sterben nicht gerne. So hat die Natur der Tabakpflanze das Nikotin zur Abwehr gegeben.

Einer fressenden Raupe vergeht der Appetit sehr schnell, wenn die Wurzel vermehrt Nikotin produziert. Wenn es dem Raucher ebenso ergehen würde, wäre alles kein Thema. Den Menschen allerdings macht Nikotin süchtig. Und dies nicht nur durch das Inhalieren, sondern auch durch die Schleimhäute im Mund.

Egal, ob über die Schleimhaut oder über die Lunge, das Nikotin gelangt über die Blutbahn, nach Überwindung der sogenannten Blut-Hirn-Schranke (Gehirnhäute), auch ins Gehirn. Weil das Nikotin dem Acetylcholin sehr ähnlich ist, dockt es sofort an die dafür bestimmten Rezeptoren an. (Acetylcholin vermittelt unter anderem die Erregungsübertragung zwischen Nerv und Muskel).

An diesen Rezeptoren löst es dann die Ausschüttung von Dopamin, Endorphinen, Serotonin und Noradrenalin aus. Verringerte Aggressionen, vermindertes Hungergefühl, erhöhte Konzentration sind die Folgen. Das “Belohnungzentrum” wird aktiviert. Sobald der Nikotinspiegel absinkt, ruft das Suchtgedächtnis nach Nachschub.

Durch diesen Vorgang werden natürlich immer mehr Rezeptoren gebildet, die befriedigt werden wollen. Die Sucht nimmt zu und das Dilemma auch. Immer mehr Rezeptoren, immer mehr Nikotin, immer mehr Zigaretten.

Man nimmt an, dass sich diese Rezeptoren nach dem Raucherstopp nicht, oder nur sehr langsam zurückbilden. Deshalb gilt auch hier, wie bei allen Süchten:
Einmal ein Raucher, immer ein Raucher, auch wenn er qualmfrei lebt.

Rauchen ist demzufolge nicht eine üble Angewohnheit, sondern eine Krankheit, eine Sucht.

Ist die Sucht denn so schlimm?

Eigentlich könnte man ja mit einem kleinen Laster leben. Doch nicht nur Nikotin, sondern auch eine breite Palette anderer Stoffe im Tabakrauch sind sehr gefährlich für die Gesundheit. Die Krankheiten durch das Rauchen schränken die Lebensqualität erheblich ein und kosten den durchschnittlichen Raucher rund 10 Lebensjahre.

Schauen wir zunächst auf die schädlichen Effekte von Nikotin

Schon wenige Sekunden nach dem ersten Zug triggert Nikotin die Rezeptoren des vegetativen Nervensystems. Sofort kommt es zur Ausschüttung von Adrenalin, das wiederum den Herzschlag und die Atmung beschleunigt. Nicht nur das kann Unwohlsein hervorrufen, sondern auch die vermehrte Magensaftausschüttung und die Reizung des Brech-Zentrums im Gehirn.

Adrenalin kurbelt auch den Abbau von Fetten und Leberstärke an, wodurch der Stoffwechsel schneller und in Teilen anders arbeitet. So erhöht sich der Spiegel der “schlechten“ Cholesterine (LDL), während die “guten“ Cholesterine (LDL) sinken. Das bedeutet – wir wissen es – beschleunigte Arteriosklerose.

Nikotin regt auch die Sekretion von Vasopressin an. Das Hormon wirkt gefäßverengend und somit blutdrucksteigernd. Zudem nimmt das Blutvolumen zu, weil der Botenstoff auch die Wasserausscheidung herabsetzt. Beide Effekte bedeuten eine weitere Belastung für das Herz-Kreislauf-System, das durch eine andere Vasopressin-Wirkung gefährdet ist: Das Blut gerinnt schneller, sodass Gefäße verstopfen können und Infarkt und Schlaganfall drohen. Die Konsequenzen des Nikotin-Konsums für den Kreislauf sind auch das bekannte und namensgebende “Raucherbein“ sowie die erektiler Dysfunktion, sprich Impotenz. Sogar die Knochen leiden unter der Mangeldurchblutung, die Osteoporose verursachen kann.

Die Kreislauf-Risiken sind umso höher, weil neben den Gefäßablagerungen und hohem Blutdruck noch Kohlenmonoxid im Tabakrauch hinzukommt. Das Gas verdrängt Sauerstoff aus den roten Blutkörperchen, sodass die Versorgung mit dem lebenswichtigen Gas ins Wanken gerät. Zudem kann Sauerstoff weniger genutzt werden, weil die Blausäure im Tabakqualm die Zellatmung hemmt.

Wir sehen, wie viele negative Folgen alleine das Nikotin hat. Doch für eine Wirkung kann man das Alkaloid nicht verantwortlich machen: Krebs.

Das enorme kanzerogene Potenzial

Viele der rund 5.000 verschiedenen Substanzen im Tabakrauch sind Kohlenwasserstoffe und ähnliche organische Verbindungen, die erst durch die unvollständige Verbrennung entstehen. Dieser Teil der gefährlichen Chemie läuft unter der schlichten Bezeichnung “Teer“. In dieser Fraktion befinden sich die meisten Krebserzeuger von Zigaretten und Co. Etwa 70 Stoffe sind bisher identifiziert, die besonders stark krebserregend sind. Beispiele dafür sind Benzpyren, Naphtylamin, Nitrosamine, Hydrazine, Nitrosonornikotin und Vinylchlorid. Dazu kommen noch die sogenannten “co-kanzerogenen“ Verbindungen, die nur im Zusammenwirken mit anderen Stoffen zu Tumoren führen. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise Phenol und Catechol. Indole und Carbazole werden dann gefährlich, wenn Tumore bereits entstanden sind, weil sie deren Wachstum beschleunigen.

Zu den kanzerogenen Verbindungen gesellen sich noch krebserregende Elemente, die die Tabakpflanze selektiv anreichert. Als da wären Nickel, Cadmium und Arsen sowie das radioaktive Polonium.

Rauchen verursacht verschiedene Krebsformen wie Lungenkrebs, Tumore im Nasenraum, Mund und Speiseröhre. Daneben entsteht durch den blauen Dunst Krebs der Bauchspeicheldrüse, Blase, Niere, Brust und des Gebärmutterhalses.

Damit nicht genug

Es gibt also viele gute Gründe, gegen die Nikotinsucht anzuarbeiten. Doch Wissenschaftler haben noch weitere Wirkungen nachgewiesen, die dem Tabakrauch zuzuschreiben sind.

Einige Gifte im Qualm lähmen die Zilien im Flimmer-Epithel der Bronchien und auch der Nase. Die mikroskopisch kleinen “Härchen“ vollführen ständig nach außen gerichtete “Peitschenschläge“, die so die Schleimhäute von Fremdkörpern reinigen. Der Ausfall dieser Selbstreinigung führt nicht nur zum berühmten Raucherhusten, sondern verstärkt die Tendenz zur “Raucherlunge“ (COPD) und Asthma. Zu den Cilientoxinen gehören die Stickstoffoxide und Nitrosamine, Ammoniak, Acetaldehyd und Formaldehyd sowie Acrolein.

Es ist schon erstaunlich, wie widerstandsfähig der menschliche Körper ist. Auch die eigenen Abwehr-Reaktionen gegen all die Gifte kann der Organismus viele Jahre überstehen. Denn die Entzündungs-Prozesse, die der Körper in Gang setzt, um die Toxine zu bekämpfen, nützen nichts, sondern schaden nur zusätzlich. Bei Rauchern sind fast immer die Leukozyten-Zahlen und andere Entzündungswerte erhört. Das irritierte, quasi “panisch“ reagierende Immunsystem hat nachweislich Autoimmunkrankheiten wie rheumatoide Arthritis zur Folge.

Jedes Gewebe, jedes Organ wird angegriffen

Rauchen gleicht einem Schrotschuss auf die Gesundheit. Deswegen muss diese Auflistung unvollständig bleiben, auch weil fast täglich neue Studien neue Erkenntnisse zutage fördern. Nicht immer sind die genauen Mechanismen bekannt, welcher der tausenden Gifte im Tabakrauch in welcher Weise zu dieser oder jenen Krankheit führt.

Auf den Geschmackssinn und die Zähne, die durch Zahnfleischentzündungen verloren gehen, mag der Raucher noch verzichten können. Doch wie sieht es mit dem Augenlicht aus, wenn Grauer Star oder Makuladegeneration ihm das Leben schwer machen? Kann man es verantworten, ein ungeborenes Kind schon zu schädigen, das mit Untergewicht zur Welt kommt und ein höheres Risiko für den plötzlichen Kindstod trägt?

Doch oft kommt es bei Raucherinnen gar nicht erst zur Schwangerschaft, weil die Fruchtbarkeit reduziert ist. Die Bildung der Keimzellen ist in beiden Geschlechtern durch Rauchen gestört, auch sind DNA-Schäden in Spermien und Eizellen zu beklagen. Bei Raucherinnen kann sich die befruchtete Eizelle nicht so gut einnisten wie bei Nichtraucherinnen.

Und wozu noch Zusatzstoffe?

Keineswegs will die Industrie den Konsumenten mit ihren Zusatzstoffen schaden. Die Konzerne wollen ihre Produkte nur besser verkaufen. Das gilt für die Lebensmittel-Hersteller und die Tabak-Unternehmen gleichermaßen. Die gesundheitliche Schädigung des Verbrauchers wird nur in Kauf genommen. Leider trifft das auch für zugelassene Zusatzstoffe zu.

Der Rauch von Zigaretten und anderen Tabakprodukten soll nicht nur durch Süß- und Aromastoffe sowie Zucker “besser“ schmecken, sondern auch schneller abhängig machen. Ammoniak ist so ein “Anfixer“, der die Nikotin-Wirkung verstärkt. Kakao erweitert die Bronchiolen, sodass der Raucher tiefer inhalieren kann.

Über 600 Zusatzstoffe können Tabak, Zigarillos und Zigaretten sowie dem Zigarettenpapier untergemischt werden. Dazu gehören neben den Geschmacksstoffen Lösungsmittel wie Äthanol, Bindemittel (Guakernmehl), Zellulose, Katalysatoren (Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat), Feuchthaltemittel (Glycerin, Propylenglykol, Kaliumsorbat), Konservierungsmittel (Natriumbenzoat) sowie Zitronensäure und Magnesiumformiat, um ein gleichmäßiges Abbrennen zu gewährleisten. Zwar ist einiges davon beim Verzehr harmlos, doch in die Lunge gehört es sicher nicht.

Viele Raucher schaffen den Sprung ins nikotinfreie Dasein ganz alleine. Andere sind so hart von ihrer Sucht betroffen, dass sie professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen müssen. Diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, sollte sich niemand schämen. Schließlich geht es um die Gesundheit und um viele Lebensjahre!


Dieser Beitrag wurde letztmalig am 30.09.2021 aktualisiert.

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