Von Theo Niederauer

Nachdem Zehntausende von Freiwilligen in einem Dutzend Länder der westlichen Welt jahrelang an teuren, von Steuerzahlern finanzierten Programmen zur Beobachtung ihres Ernährungsverhaltens teilgenommen haben, ist das Ergebnis für die Anhänger der sogenannten »Lipidtheorie« enttäuschend: Bewiesen ist gar nichts und die »Lipidtheorie« bleibt das, was sie immer schon war: ein theoretisches Modell, das von der Alltagspraxis nicht bestätigt und zu kommerziellen Zwecken missbraucht wird. Der nachfolgende Beitrag informiert über einige wichtige Gegenargumente zur Cholesterinhypothese.

Die „Lipidtheorie

Die Aufmerksamkeit, die dem Cholesterin gewidmet wurde, setzte Anfang dieses Jahrhunderts mit der Verfütterung großer Mengen Cholesterin bzw. Eigelb an Versuchskaninchen ein, die normalerweise kein Cholesterin verzehren, sondern Pflanzenfresser sind und daher Schwierigkeiten haben, es zu verstoffwechseln. Innerhalb einer Woche stieg der Serumcholesterinspiegel der Tiere außerordentlich hoch an, weit über die Werte hinaus, die normalerweise beim Menschen angetroffen werden. An der Arterienwand lagerte sich Fett ab. Dies führte zu der Annahme, daß sich die Arteriosklerose auf einen exzessiven Verzehr von Fett, besonders von tierischem Fett, zurückführen läßt.

Dies war der Ursprung der »Lipidtheorie« der Arteriosklerose, die in den sechziger Jahren noch erweitert wurde um die Theorie, daß sich mit Fetten, die höhere Anteile ein- und mehrfach ungesättigter Fettsäuren enthalten und aus Pflanzen stammen, hohe Cholesterin- und Blutfettwerte senken lassen und damit einen Schutz vor dem Herztod bieten. Diese mit großem Werbedruck vorgebrachte Hypothese sollte in erster Linie die Margarine aus ihrem Schattendasein führen und der Butter Marktanteile wegnehmen. Das ist ihr auch gelungen. Heute, gegen Ende des Jahrhunderts, beruht die »Lipid- bzw. Cholesterintheorie« der Entstehung koronarer Herzkrankheit und Arteriosklerose im Grunde immer noch auf der simplen Annahme, daß

1. das Cholesterin und die gesättigten Fettsäuren in der Nahrung das Serumcholesterin erhöhen und daß dieses erhöhte Cholesterin im Serum zur koronaren Herzkrankheit führt und

2. daß durch eine Senkung des Cholesterins im Blut auch die koronare Herzkrankheit verhindert werden kann.

Sowohl Annahme 1 als auch 2 waren in der Vergangenheit und sind auch heute schlichtweg falsch. Sie stellen eine grobe Irreführung vor allem kranker, aber auch aller gesunden Menschen dar, verursachen ungerechtfertigte Kosten im Gesundheitswesen in mehrfacher Milliardenhöhe und verhindern, daß die wahren Gründe der Entstehung koronarer Herzkrankheit aufgeklärt werden. Hinzu kommen neuere Erkenntnisse, die belegen, daß eine gezielte Cholesterin- und Lipidsenkung durch Diäten und Medikamente die Gesamtsterblichkeit deutlich erhöht und geradezu eine Gesundheitsgefahr darstellt.

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Kein Einfluß der Ernährung

Die Serumcholesterinkonzentration steigt mit dem Alter – unabhängig von der Art der Ernährung. Bei etwa 80% aller deutschen Männer und Frauen über 40 Jahre findet sich ein Serurncholesterinspiegel von über 200 mg/dl. Nach der Definition der »Nationalen Cholesterininitiative« und der »European Atherosclerosis Society« sind diese Menschen krank (sogenannte Hypercholesterinämiker) und sollen deshalb einer lebenslangen (!) cholesterinsenkenden Therapie unterzogen werden. Als Basistherapie zur Prävention von koronarer Herzkrankheit wird von diesen Gremien der Verzehr einer so genannten »cholesterinsenkenden« Kost empfohlen.

Entsprechend dieser Empfehlung soll der Verzehr aller »cholesterinsteigernden« Nahrungsmittel, – das sind Lebensmittel, die Cholesterin enthalten, aber auch Lebensmittel mit Fetten mit höherem Anteil gesättigter Fettsäuren (die als cholesterinsteigemd gelten) stark eingeschränkt werden.

Hierzu gehören eine Reihe von natürlichen, seit Urzeiten von Menschen verzehrten, nährstoffreichen Grundnahrungsmitteln wie Vollmilch und milchfetthaltige Milchfrischprodukte, Käse, Butter, Eier und eihaltige Lebensmittel, Schlachtfette, Wurst und Fleischwaren, Geflügel und Fisch, Lebensmittel also, ohne die eine abwechslungsreiche und schmackhafte Ernährung nicht möglich wäre.

Alle diese Lebensmittel sind mittlerweile durch die Cholesterinkampagne mehr oder weniger stark in Verruf geraten und werden selbst von gesunden Verbrauchern ohne ersichtlichen Vorteil und nur aus einem Gefühl der Verunsicherung gemieden.

Man hat in einer sogenannten Meta-Analyse aller Langzeitstudien über die koronare Herzkrankheit die Auswirkungen der Diät auf den Cholesterinspiegel untersucht. Es zeigte sich, daß nur eine Cholesterinsenkung um durchschnittlich 2% zu erzielen ist, also eine Person mit einem Serumspiegel von 300 mg/di durch Cholesterin- und Fettreduktion in der Nahrung gerade mal auf 294 mg/dl herunterkommt. Mehr schafft auch die von der American Heart Association propagierte erste Stufe der Diät nicht. Wenn man in einer zweiten Stufe den Gürtel noch enger schnallt, das Nahrungscholesterin und -fett drastisch reduziert, erreicht man eine Senkung des (von den Anhängern der »Lipidtheorie« als negativ betrachteten) LDL-Cholesterins um 5%, aber gleichzeitig auch eine Senkung des (nachgewiesenermaßen positiven) HDL-Cholesterins um 6%, was absolut unerwünscht ist.

Der amerikanische Epidemiologe Keys hat untersucht, wie sich das Nahrungscholesterin auf das Serumcholesterin auswirkt. Er hat gefunden, daß das Drittel der Amerikaner mit der niedrigsten Cholesterinaufnahme täglich im Durchschnitt 400 mg verzehrt und das Drittel mit der höchsten Aufnahme täglich 1000 mg. Das untere Drittel hat einen durchschnittlichen Cholesterinwert von 249 mg/dl und das obere Drittel von 256 mg/dI. Das Beispiel zeigt, daß ein Mann, der jahrein jahraus 3 Eier täglich ißt, nahezu die gleichen Cholesterinwerte hat wie sein Nachbar, der nur ein Ei täglich verzehrt, denn der Unterschied ist minimal und statistisch nicht signifikant. Die Empfehlung, die tägliche Cholesterinaufnahme von 400 mg auf 300 mg zu reduzieren, macht also überhaupt keinen Unterschied und demzufolge auch keinen Sinn.

Regulation des Cholesterinstoffwechsels

Diese Tatsache ergibt sich zwangsläufig auch aus dem Cholesterin-Regulationsmechanismus des Körpers. Wenn mehr Cholesterin aufgenommen wird als für den Gesamtstoffwechsel gebraucht wird, reduziert der Organismus innerhalb von zwei Tagen die Eigenproduktion in der Leber, die normalerweise bei täglich 600-700 mg liegt.

Enthält die Nahrung weniger Cholesterin, wird innerhalb von einigen Tagen die Eigensynthese angekurbelt, die im übrigen Energie erfordert. Aus dem Regulationsmechanismus wird sehr klar, daß der Cholesteringehalt im Serum nur sehr dürftig, wenn überhaupt, mit der Cholesterinaufnahrne in der Nahrung zusammenhängt.

Insgesamt beträgt der Cholesteringehalt des menschlichen Körpers – je nach Gewicht – 100-150 Gramm, davon schwimmen nur 6-8% im Blut, was etwa 200-250 mg/di entspricht. Der größte Teil des Cholesterins wird für den Aufbau von Zellwänden und Gewebe (zusammen mit den Phospholipiden) gebraucht. Allein die Gehirnmasse besteht zu 17% aus Cholesterin. Vor allem im Krankheitsfall, wie z. B. bei Infektionen und in Streßsituationen, wird überdurchschnittlich viel Cholesterin im Stoffwechsel benötigt. Auch die Synthese von Vitaminen (D), Steroidhormonen, darunter auch Sexualhormone sowie Gallensäuren, setzt die Anwesenheit ausreichender Mengen von Cholesterin voraus.

Ausscheidungen von Cholesterin aus dem Körper erfolgen über den Verdauungstrakt, über die Gallenflüssigkeit und über die ständige Schuppung der Haut. Insgesamt beträgt die tägliche Cholesterinausscheidung bis zu 2 Gramm. Diese Zahlen machen die Bedeutung eines gesunden Cholesterinstoffwechsels deutlich und belegen gleichzeitig die absolute Lebensnotwendigkeit des Cholesterins. So wundert es auch nicht, daß in früheren Jahren Cholesterin als Medikament bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt wurde.

Es ist somit vollkommen unverständlich und geradezu widersinnig, wie eine so wichtige Substanz, die Bestandteil der am höchsten entwickelten Organe und Gewebe des Organismus ist und wichtige Schutzfunktionen ausübt, zugleich eine so schwere Krankheit wie die Arteriosklerose auslösen soll.

Das »französische Paradox«

Die Anhänger der Cholesterinhypothese zeigen gern das Bild, das die Todesrate an koronarer Herzkrankheit für einige Länder zum mittleren Cholesterinwert der 40- bis 70jährigen Männer in diesen Ländern in Beziehung setzt. Es soll zeigen, daß, wenn der Cholesterinwert in einem Land höher ist, auch im gleichen Land verhältnismäßig mehr Menschen den Herztod sterben. Nach Prof. Apfelbaum, Direktor der Ernährungsabteilung der Klinik Xavier Bichat, Paris, gibt es zwei Länder, die überhaupt nicht in dieses System passen, nämlich Japan und Frankreich. Apfelbaum hat deshalb dieses Phänomen das »Französische Paradox« genannt.

In Frankreich ist die Sterblichkeit an der koronaren Herzkrankheit zweieinhalbmal niedriger als in den USA und anderen vergleichbaren Ländern. Das ist in mehreren Analysen, so auch von der WHO in einer Studie, die über 20 Jahre lief, festgestellt worden. Tabelle 1 zeigt das »französische Paradox«.

Die Gesamtfettaufnahme ist in allen drei Ländern – Frankreich, USA und Großbritannien – gleich, so auch die Aufnahme von einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der Verzehr von gesättigten Fettsäuren, der ja immer als gefährlich angesehen wird, ist in Frankreich sogar höher als in den USA. Das Serum-Cholesterin ist wiederum ganz ähnlich, in Frankreich sogar etwas höher. Die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit ist in den USA knapp dreimal so hoch wie in Frankreich und in Großbritannien mehr als dreimal so groß.

Natürlich hat man nach Erklärungen für dieses »französische Paradox« gesucht und vor allem das Thema Alkoholkonsum diskutiert. Bei etwa gleichem Alkoholkonsum (ausgedrückt in reinem Alkohol) trinken die Briten mehr Bier und die Franzosen mehr Wein, was aber nicht den gewaltigen Unterschied erklären kann. Apfelbaum neigt eher zu der Annahme, daß die Franzosen weniger Margarine als z.B. die Amerikaner, Engländer und Iren und dafür das beste diätetische Fett, das es gibt, nämlich Butter und Käse, essen.

Konsequenterweise müßten verantwortungsbewußte Ernährungsexperten und Gesundheitspolitiker in den USA die amerikanische Öfffentlichkeit auffordern, von ihrer Cholesterinhysterie abzulassen und auf die französische Ernährungsweise einzuschwenken, die offensichtlich vor dem Herzinfarkt schützt.

Ebenso paradox ist die Entwicklung in Japan. Die japanische Ernährung nähert sich immer mehr der europäisch-amerikanischen an, und die Aufnahme von gesättigten Fetten und Cholesterin wächst von Jahr zu Jahr. Die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit vermindert sich dagegen jährlich. Es ist klar, daß solche Fakten die »Lipidtheorie« der Arteriosklerose in ganz entscheidender Weise abwerten. Ihre Anhänger ignorieren jedoch die für sie ungünstigen Ergebnisse.

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Framingham-Studie

Die wohl bedeutendste Studie, die auf dem Gebiet der kardiovaskulären Epidemiologie durchgeführt wurde, ist die Framingham-Studie. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Kohorten-Studie, d. h. einer Untersuchung einer bestimmten Population oder Subpopulation. Sie läuft seit 50 Jahren und hat schon über 100 Originalveröffentlichungen hervorgebracht. In einer dieser Veröffentlichungen findet sich – etwas ver- steckt – auch die nachfolgende Tabelle, die das Auftreten der koronaren Herzkrankheit im Zeitraum von 30 Jahren (1953-1983) zu den Serum-Cholesterinwerten von Männern und Frauen in Beziehung setzt.

90% der Personen in Framingham hatten Cholesterinwerte, die zwischen 200 und 265 mg/dl lagen. Die Zahlen geben das jährliche Neuauftreten von koronaren Herzerkrankungen wieder.

Diese Zahlen sind verblüffend: Sie besagen, daß bei Frauen wie Männern zwischen der Höhe des Serumcholesterins (200-265 mg/dl) und dem Auftreten der koronaren Herzkrankheit keine Beziehung besteht. Wenn dies so ist – und weitere Beweise lassen sich anführen -, sollte so schnell wie möglich Schluß gemacht werden mit der Theorie der Cholesterinsenkung. Sie hat als Modell zur Erklärung der Entstehung der Arteriosklerose und koronaren Herzkrankheit ihre Chance gehabt und sie in der praktischen Überprüfung nicht genutzt. Sie hat ausgedient.

Das weitere Festhalten an der »Lipidtheorie« ist weder aus der Sicht des kranken, noch des gesunden Verbrauchers, noch der der Lebensmittelindustrie, noch der einzelner Lebensmittel weiter gerechtfertigt. Wer es dennoch tut, hat nicht das gesundheitliche Wohl der Menschen im Auge, sondern handfeste ökonomische Interessen.

Das »Cholesteringeschäft«

In den USA beziffert sich das Geschäft, das mit der »Cholesterinhypothese« gemacht wird, auf 40 Milliarden Dollar. Hierunter fallen folgende Kosten bzw. Umsätze:

  • die gesamte Cholesterindiagnostik und -analytik in der Medizin,
  • die von der Pharmaindustrie angebotenen Medikamente für die Senkung der Fette und des Cholesterins im Blut,
  • die Werbung für diese Produkte,
  • die Entwicklung, die Herstellung, der Vertrieb, der Handel und die Werbung für Lebensmittel und diätetische Produkte,
    die vorgeben, Cholesterin und Blutfette nicht zu erhöhen bzw. zu senken,
  • die Entwicklung und Herstellung cholesterinreduzierter bzw. cholesterinfreier Lebensmittel bzw. Halbfabrikate, die normalerweise Cholesterin enthalten, wie z. B. Eigelb, Butter und Butterfett, Käse (Imitationskäse), Wurst, Kuchen.

In Europa hat das »Cholesteringeschäft« noch nicht nordamerikanische Dimensionen erreicht, obwohl hier in einigen Ländern mächtige Interessengruppen auf den verschiedenen politischen und institutionellen Ebenen darauf drängen, daß die amerikanischen Ernährungsrichtlinien übernommen werden.

Das einzige europäische Land, das dem gewaltigen Manipulationsdruck bislang widerstand, ist Frankreich. Dort ist Cholesterin kein großes Thema und man verweist zu Recht auf die französische Ernährungsweise, die vor dem Herzinfarkt schützt. Es ist zu hoffen, daß auch die EU dem Drängen auf Einbeziehung einer offensichtlichen Irrlehre in Gesetzgebung und Deklarations- bzw. Ernährungs-Richtlinien-Werke nicht nachgibt (wenn es dafür nicht schon zu spät ist).

Der Streit über den gesundheitlichen Nutzen einer Cholesterinsenkung zieht sich nunmehr schon mehrere Jahrzehnte dahin. Obwohl mittlerweile durch die Fülle der Gegenbeweise keine Zweifel mehr an der Nutzlosigkeit einer Cholesterinsenkung für die Entstehung koronarer Herzkrankheiten bestehen, wird auf verschiedenen Ebenen – Werbung, Wissenschaft, medizinischer Alltagspraxis, Ernährungsberatung – nach wie vor an der Cholesterinhypothese festgehalten.

Es wird höchste Zeit, daß der Gesetzgeber diesem Unsinn ein Ende bereitet.

Beitragsbild: fotolia.com – 48247847

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