Vielfach als Wundermittel deklariert, sind Schwedenkräuter (auch als Schwedenbitter bezeichnet) aus der volkstümlichen Heilkunde nicht mehr wegzudenken.

Die Mixtur aus unterschiedlichen Bestandteilen, darunter zahlreiche Kräuter, wurde im 18. Jahrhundert von dem schwedischen Mediziner Dr. Klaus Samst wieder entdeckt, nachdem die Rezeptur bereits eine Zeitlang im Umlauf war.

Doch auch wenn Schwedenkräuter auf den ersten Blick zahlreiche Inhaltsstoffe enthält, die gegen ganz unterschiedliche Beschwerden wirken, ist die tatsächlich Wirksamkeit bislang nicht belegt.

Zusammensetzung

Geläufig ist in Deutschland vor allem der so genannte “Kleine Schwedenbitter”, der aus folgenden Bestandteilen besteht:

  • 10g Aloe
  •   5g Myrrhe
  • 10g Sennesblätter
  • 0,2g Safran
  • 10g Kampher
  • 10g Zitwerwurzel
  • 10g Manna
  •   5g Eberwurzel
  • 10g Angelikawurzel
  • 10g Rhabarberwurzel
  • 10g Theriak venezian

Dem Kampfer wird teils eine krebserregende Wirkung nachgesagt, deswegen kann man ihn zur Vorsicht auch weglassen.

Der „große Schwedenbitter“ enthält zusätzlich:

  • 7g Kieselerde
  • 2g Kalmus
  • 2g Muskatblüte
  • 35g Muskatnuss
  • 26 g Wermut
  • 2 g Tormentill
  • 5 g roter Ton
  • 2 g Bibergail
  • 7 g Enzianwurzel
  • 5 g Lärchenschwamm
  • 7 g Arnikawurzel

Wirkung und Anwendungsgebiete

Grundsätzlich lassen sich beim Schwedenbitter drei große Wirkgruppen unterscheiden:

Die Mixtur enthält zum einen diverse Bitterstoffe – zum Beispiel Angelikawurzel – welche die Verdauung fördern. Studien zeigen, dass solche Bitterpflanzen auch die Produktion der Magensäure ankurbeln, so dass gleichzeitig der Appetit steigt.

[2] Aus diesem Grund gilt auch Appetitlosigkeit als klassisches Anwendungsgebiet von Schwedenbitter. Die zweite Hauptwirkung von Schwedenbitter stellt eine Blutdruckerhöhung und die Anregung des Kreislaufs dar – Effekte, die vor allem durch den enthaltenen Kampfer hervorgerufen werden. Die Wirksamkeit dieses Stoffes konnte im Rahmen der Studie von Prof. Schandry an der der Ludwig-Maximilians-Universität in München nachgewiesen werden.

Die traditionellen Auflistungen der Indikationen benennen eine Vielzahl von Beschwerden des Verdauungstraktes. Dazu gehören Magenkrämpfe, Blähungen und Koliken. Auch Bandwürmer und andere Endoparasiten soll die Tinktur beseitigen. Sogar Hämorrhoiden soll das Präparat öffnen können, wodurch sie sich zurückbilden.

Eine Probandengruppe mit niedrigem Blutdruck erhielt während der Untersuchung ein kampferhaltiges Mittel, während die Vergleichsgruppe einen Plazebo einnahm. Bereits zwei Minuten nach der Anwendung konnte bei der “Kampfer-Gruppe” ein Steigerung sowohl des Kreislaufs als auch des Blutdrucks sowie eine allgemeine Leistungssteigerung gemessen werden, während die Probanden aus der Plazebo-Gruppe keine nennenswerten Veränderungen aufweisen konnten. [3]

Nicht zuletzt wird Schwedenbitter vor allem auch aufgrund seiner abführenden Wirkung eingesetzt, pflanzliche Laxantien wie Sennesblätter, Rhabarberwuzel, Aloe und Manna helfen mit teilweise recht unterschiedlichen Wirkmechanismen bei Verstopfung.[1]

Neben der oralen Einnahme in konzentrierter Form sollen Schwedenkräuter mit einigen anderen Arten der Anwendung helfen. Der Kranke kann Kopfschmerzen und Schwindel behandeln, wenn er am Schwedenbitter riecht oder etwas davon schnupft. Auch die Einreibung der Schläfen soll die Beschwerden vertreiben.

Ohrenschmerzen werden durch mit Schwedenbitter getränkten Wattebäuschchen gelindert oder verschwinden ganz. Das Gurgeln mit Schwedenbitter bei entzündlichen Zahnschmerzen kann die Bakterien bekämpfen so zur Hilfe gereichen. Auf dieselbe Weise sollen auch Bläschen im Mundraum und Halsschmerzen behandelt werden.
Die äußerliche Anwendung erfolgt durch Einreibungen der Haut.

So soll die Tinktur eine ganze Reihe von Haut-Irritationen lindern. Hier werden in den alten Beschreibungen vor allem Hautentzündungen und auch Hautverbrennungen genannt. Auch bei Hämatomen, Warzen, Hühneraugen, Erfrierungen und Narben soll der Schwedenbitter helfen.

Sogar die Benetzung frischer Wunden werden in den traditionellen Vorschriften genannt. Hervorgehoben werden vor allem die durch Pocken verursachten Blatternarben. Bei Gelenkbeschwerden, besonders bei rheumatischen Erscheinungen oder auch Hexenschuss, helfen kalte Umschläge mit dem Schwedenbitter.

Diese äußerliche Behandlung soll auch eine angeschlagene Galle unterstützen. Gleichzeitig soll das Organ durch die orale Gabe der Tinktur angeregt werden. Mangelt es bei jungen Müttern an der Milch-Produktion oder sind die Brustdrüsen entzündet, sollen Umschläge mit den Schwedenkräutern die Symptome lindern und die Milch-Sektretion anregen.

Tupfer auf den Augen sollen Entzündungen und grauen Star heilen können. Daneben empfehlen die althergebrachten Schriften den Schwedenbitter auch gegen Krampfleiden (Epilepsie).

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Dosierung und Nebenwirkungen

Zu den bekanntesten Dosierungsempfehlungen gehört die sehr alte Anweisung, von der Mixtur sowohl morgens als auch abends je einen Teelöffel verdünnt einzunehmen. Bei akuten Beschwerden können auch bis zu drei Teelöffel zugeführt werden.

Die Empfehlungen weichen hier erheblich voneinander ab. Manchmal ist auch nur von einigen Tropfen die Rede. Auf jeden Fall sollte aufgrund der hohen Alkoholmengen Vorsicht walten.

Insbesondere bei häufiger und anhaltender Verwendung können vermehrt diverse Nebenwirkungen auftreten, zum Beispiel Durchfall oder allergische Reaktionen. Menschen, die keinen Alkohol konsumieren dürfen, sollten von der Einnahme gänzlich absehen, da der Alkoholgehalt im Schwedenbitter insgesamt sehr hoch ist.

Schwedenbitter ansetzen

Die Schwedenbitter-Tinktur lässt sich ganz einfach auch selbst ansetzen. Für die Herstellung wird die trockene Kräutermischung zunächst zu gleichen Teilen in Marmeladengläser verteilt, wobei die Gläser zu 1/5 gefüllt sein sollten.

Anschließend gießt man insgesamt 1.500ml 40%-igen Doppelkorn für den kleinen Schwedenbitter und 2.500 ml für den großen Schwedenbitter hinzu und schüttelt die Gläser nach dem Verschließen. An einem warmen Ort muss der Schwedenbitter etwa zwei Wochen lang ziehen, wobei die Gläser täglich erneut geschüttelt werden müssen.

Nach Ablauf der Ruhezeit kann das Gemisch durch einen Trichter mit Filterpapier in braune Apothekerflaschen gegossen werden.

Schwedenbitter äußerlich anwenden

Einreibungen mit der Tinktur – eventuell verdünnt – sind die einfachste Art der äußerlichen Applikation. Für Umschläge nehme man am besten Leintücher oder bei kleineren Arealen Wattebäuschchen. Beides tränke man reichlich mit der Tinktur. Vor dem Auflegen erhält die Haut eine Schutzsalbe, etwa Vaseline oder Ringelblumensalbe.

Wenn der Umschlag angelegt ist, wird er noch mit Kunststoff-Folie umhüllt. Das hat zweierlei Funktionen. Erstens erhält dies die Wirkstoffe am Ort der Beschwerden und zweitens bewahrt es die Kleidung vor Verfärbungen. Der fast luftdichte Abschluss bewirkt zudem eine Aufweichung der Haut, die die Wirkstoffe besser aufnimmt (Okklusivverband).

Der Umschlag soll mindestens 4 Stunden angelegt bleiben. Sollte die Haut trotz der Schutzmaßnahmen angegriffen sein, kann Babypulver Linderung verschaffen.

Eine Alternative zum Umschlag ist die Schwedenkräuter-Creme. Die Zubereitung bringt den Hautschutz bereits mit und ist in der Anwendung einfacher. Die geringere Konzentration der Creme im Vergleich zum Umschlag ist nicht unbedingt von Nachteil. Die eigene Herstellung der Creme erfordert allerdings etwas Arbeit.
Dazu nehme man folgende Zutaten:

  • 60 ml des puren Schwedenbitters
  • 30 g Lanolin-Anhydrid
  • 60 ml Trägeröl (z. B. Olivenöl, Jojobaöl, Kokosöl)
  •   8 g Bienenwachs, Kakobutter oder Sheabutter

Die wässrig-alkoholische Tinktur muss nun mit den fettigen Bestandteilen in Emulsion gebracht werden. Dazu dient der Emulgator Lanolin-Anydrid, der zunächst mit dem Trägeröl vermengt wird. Nun erhitze man die Schwedenkräuter-Tinktur und die Trägeröl-Lanolin-Mischung getrennt in einem Wasserbad.

Keineswegs sollte der Kochpunkt überschritten werden, eine Temperatur von 50 ° C ist bereits mehr als ausreichend. Beide Gläschen werden nun aus dem Wärmebad genommen. Zügig aber vorsichtig wird die Tinktur am besten nur tropfenweise und unter ständigem Quirlen in die Trägermischung untergehoben.

Wenn die Tinktur vollständig zugefügt ist, rühre man solange weiter, bis die Creme nur noch lauwarm ist. Nun braucht die Zubereitung nur noch umgefüllt und beschriftet zu werden. Trotz der konservierenden Wirkung des Alkohols sollten die Gläschen ihren Platz im Kühlschrank finden.

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Schwedenbitterkräuter – Erfahrungen und Kritik

Schwedenbitter gilt in der Volksheilkunde als bewährtes Heilmittel. Mit einiger Verwunderung liest man die Indikations-Liste des Schwedenbitters nach Maria Treben. Die Liste ist derart lang, dass man den Eindruck bekommt, die Menschheit bräuchte außer Schwedenkräuter gar keine anderen Heilmittel mehr.

Hier kommt eine Überschätzung zum Ausdruck, die die Bezeichnung als “Wundermittel” rechtfertigt. Wissenschaftliche Studien für die Kräutermischung liegen indes noch nicht vor, sodass eindeutige Beweise der Wirksamkeit fehlen. Untersuchungen existieren ausschließlich für Einzelstoffe, zum Beispiel für Sennesblätter als klassisches Abführmittel.

Bei der Vielzahl der unterschiedlichen Wirkstoffe mit teilweise verschiedenen Wirkprofilen kann die Wirksamkeit im Schwedenbitter nicht zugesichert werden.

Als Kritik werden überdies häufig auch die Bestandteile selbst aufgeführt. So gelten insbesondere Sennesblätter und Aloe als sehr stark wirksame Abführmittel, die insbesondere bei regelmäßiger Anwendung zahlreiche Probleme mit sich bringen: Vor allem besteht hier leicht die Gefahr, dass die armmuskulatur erschlafft und eine bestehende Verstopfung sogar noch verstärkt wird. Außerdem kann es zu einem Ungleichgewicht im Mineralstoffhaushalt kommen, das vor allem zu deutlichen Kaliumverlusten führt.

Nicht zuletzt besteht der Verdacht, dass die dauerhafte Einnahme von Sennesblättern und Kampfer zu einem erhöhten Darmkrebsrisiko führt. [1]

Insgesamt ist die Kombination von diversen Abführmitteln mit kreislaufanregenden Mitteln wie Kampfer und unterschiedlichen Bitterstoffen zur Anregung der Verdauung nicht immer sinnvoll, da häufig nur eine einzige Beschwerdeart beim Patienten vorliegt und viele Inhaltsstoffe des Schwedenbitters dann überflüssig sind – zumal bisher nicht geklärt ist, ob sich die zahlreichen unterschiedlichen Wirkprofile der einzelnen Stoffe nicht gegenseitig beeinflussen, indem sie die Wirkung zum Beispiel verstärken oder hemmen.

Viele der alten Anwendungsgebiete erscheinen heute äußerst zweifelhaft. Die Behandlung von Brandblasen mit konzentriertem Alkohol dürfte die Beschwerden eher verschlimmern als verbessern. Eventuell sind dies aber auch Fehler in der Überlieferung und es sind eher niedrig konzentrierte Salben oder wässrige Verdünnungen gemeint.

Gänzlich unverständlich erschienen heute auch andere Indikationen des Schwedenbitters. Die reine Tinktur bei Schwangerschaftsbeschwerden und zur Geburtsvorbereitung zu verabreichen, wäre heute völlig undenkbar. Die Anwendung bei Gelbsucht oder Gallenbeschwerden erzeugt heutzutage ebenfalls Kopfschütteln. Denn immerhin ist der Schwedenbitter eine hochprozentige Spirituose, die Schwangere sowie Leber- und Gallenkranke auf gar keinen Fall zu sich nehmen dürfen, und sei es nur ein Esslöffel am Tag.

Nicht zuletzt ist die Bezeichnung “Schwedenbitter” weder durch ein Patent noch durch Urheberrechte geschützt; aus diesem Grund kann sowohl die Zusammensetzung als auch die Qualität zwischen unterschiedlichen Produkten stark schwanken.

Quellen:

[1] Wolf: Obstipation und Laxantien, in: Pharmazeutische Zeitung 50, Eschborn 1998.

[2] Keine Lust auf Essen. Appetitlosigkeit, in: Pharmazeutische Zeitung 32, Eschborn 2007.

[3] The effect of Camphor-Crataegus berry extract combination on blood pressure and mental functions in chronic hypotension – randomized placebo controlled double blind design”,Phytomedicine, Vol. 15/11, S. 914-922, November 2008.

Beitragsbild: 123rf.com – Alexander-Raths

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