Der Theologiestudent Sebastian Kneipp (1821 bis 1897) aus Stephansried litt an Tuberkulose. Um sich abzuhärten und die Selbstheilungskräfte zu stärken, badete der kranke junge Mann in der winterkalten Donau. Entgegen den Annahmen seiner Zeitgenossen wurde Kneipp gesund und später als “Wasserdoktor” berühmt. Seine Wirkungsstätte Wörishofen wurde schließlich zum Kurort und trägt seither den Titel “Bad”.

Ein geistlicher Naturheilkundler aus Stephansried

Für die Anwendung von kaltem und warmem Wasser zur Vorbeugung und Heilung ist Kneipp bis heute bekannt. Für sich in Anspruch genommen hat er die Idee nie, denn er hatte die Grundsätze der Methode vom Arzt Johann Siegmund Hahn übernommen. Doch Kneipp erweiterte nicht nur die hydrotherapeutischen Maßnahmen, sondern integrierte das Konzept in einen ganzheitlichen Ansatz, der auch den Aspekt der Pflanzenheilkunde sowie den gesamten Lebensstil umfasst. Dazu gehört auch das psychische Wohlbefinden.

In zahlreichen Veröffentlichungen stellte der Pfarrer seine Kneipp-Therapie dar, die auf 5 Säulen steht:

1.Säule: Ordnung und Gleichgewicht

Für den Seelsorger Kneipp stand die innere Ordnung an erster Stelle. Eine sinnvolle äußere Ordnung des Lebenswandels widerspiegelt das psychische Gleichgewicht und kann umgekehrt auch die innere Zufriedenheit stärken. Das ist nach Kneipp die erste Voraussetzung auch für die körperliche Gesundheit. Den Körper-Seele-Zusammenhang der heutigen psychosomatischen Medizin nahm Kneipp damit vorweg, beziehungsweise  er reaktivierte so die uralten Erkenntnisse der antiken Ärzte.

Die Mittel zur Herstellung seelischer Balance sind Kneipp zufolge sinnerfüllende Lebensziele und ein ausgewogener Rhythmus von Arbeit und Ausgleich. Zu viel Hektik gilt in seiner Heillehre als eine der Ursachen für Krankheiten. Geregelter und ausreichender Schlaf sind hier genauso wichtig wie die wohltuenden Wirkungen von Sonnenlicht, Luft und Wasser. Alle 5 Säulen stehen in einem Zusammenhang und so wundert es nicht, dass gesunde Ernährung schon für die ordentliche Lebensführung als unerlässlich gilt.

2.Säule: Ernährung

Kneipp mahnt in seinen Regeln für gesunde Ernährung vor allem zur Mäßigung und Vielseitigkeit. Er verbietet nichts, drängt aber auf den geringen Verzehr von Fleisch, Fett, Zucker und weißem Mehl. Kneipp ist auch nicht grundsätzlich gegen Kaffee und Alkohol, doch er empfiehlt, davon wenig zu konsumieren. Lebensmittel sollten möglichst frisch und nicht verändert, also bearbeitet sein. Diese Ernährungsweise verhindert auch Übergewicht als ein Risiko für viele Krankheiten.

3.Säule: Bewegung

Übergewicht wird auch mit regelmäßiger Bewegung bekämpft. Optimal sind nach Kneipp Sportarten wie Schwimmen, Laufen und auch zügiges Gehen. Rekorde muss keiner aufstellen, eher soll die Kondition und das Immunsystem gestärkt werden. Auch Gymnastik-Übungen sind gut geeignet, weil damit die Koordinations-Fähigkeit verbessert wird. Überforderungen sollte jeder Mensch vermeiden, wobei wieder Kneipps Prinzip der Mäßigung zum Tragen kommt.

4.Säule: Hydrotherapie

Kneipp sammelte 120 hydrotherapeutische Anwendungen zur Vorbeugung, Heilung und Genesung. Ein Prinzip dabei ist der Wechsel zwischen kalt und warm, wie dies bei vielen kneippschen Güssen der Fall ist. Beispielsweise besteht eine Anwendung in warmen Güssen über Beine und Arme. Danach wird der Rumpf mit kaltem Wasser behandelt.

Neben Güssen gehören auch Kompressen, Bäder, Dampfbäder, Waschungen und Wickel zu Kneipps Repertoire. Mit dem ausgeübten Druck der Anwendungen können auch tiefere Schichten des Körpers erreicht werden. Mit der variierten Temperatur des Wassers kann der Kreislauf gezielt angeregt werden. Kaltes Wasser führt zunächst dazu, dass sich die Gefäße verengen. Fehlt der Kältereiz dann oder folgt ein Wärmereiz, erweitern sich die Blutgefäße wieder und bleiben so elastisch (Gefäßtraining).

Die Hydrotherapie wird heute speziell angewendet bei Erkrankungen von Herz und Kreislauf und der Atemwege. Auch Patienten mit Rücken-Problemen, Schlafstörungen und Stoffwechselkrankheiten profitieren von der heilsamen Kraft des Wassers. Die Hydrotherapie ist mit verschiedenen Gewichtungen in fast jeder Kurklinik vertreten.

5.Säule: Heilpflanzen

Kneipp erforschte selber rund 40 heimische Pflanzen auf ihre heilende Wirkung wobei sich der Geistliche von der traditionellen Kloster-Medizin inspirieren ließ. Das bekannteste, wenn auch einfachste kneippsche Mittel, ist der Heublumensack.

Kneipp setzte seine Heilpflanzen mit vielen Applikationen ein. Dazu gehören Tees, Tabletten, Säfte, Tinkturen, Kompressen, Wickel, Salben, Cremes und Badezusätze. Die Wirkung der so verabreichten phytomedizinischen Präparate ist heute wissenschaftlich erwiesen.

Die der Kneipptherapie

Die Kneipp-Therapie fördert das aktive Mitmachen und Mitdenken des Patienten. Denn nicht jede Hilfe kann der Heilkundigen gewähren, er kann nur dazu raten. Bewegen muss sich jeder Mensch selber und auch die Mäßigung in der Lebensführung ist jedermanns eigene Angelegenheit. Nur Therapeut und Patient gemeinsam erreichen das Ziel, den Körper abzuhärten, Krankheiten vorzubeugen und gesundheitliche Störungen auf natürliche Weise zu beheben.

Dieser Beitrag wurde letztmalig am 8.12.2020 aktualisiert.

Beitragsbild: 123rf.com – kerdkanno

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